9. November 2012

Berlin. Platz der Luftbrücke, im November

Es ist ca. 21:45 Uhr. Ich will mit dem Bus 104 zur Stadtbahn S1 und schaue auf die Abfahrtszeiten. "Der Bus kommt um '58. - Danke! Ich muß nach Wannsee. - Da steigen Sie an der Julius-Leber-Brücke um." Die kleine Frau hat etwa mein Alter. Wir beide betrachten einen Terrier, dem der Tierarzt eine Halskrause verpaßt hat, damit er sich nicht kratzt. Der Hund kommt schwanzwedelnd auf uns zu.

"Trotz seiner mißlichen Lage sieht er glücklich aus, man muß sich sein Glück selbst produzieren, keiner sonst tut's! - Sie sehen aber gar nicht glücklich aus! - Vielleicht deshalb, weil ich mich in Berlin immer weniger zu Hause fühle, jedes Jahr, in dem ich fort bin, ein bißchen weniger. - Ach, Sie wohnen hier nicht mehr? - Nein, in Perpignan. - Und ich bin nach langer Abwesenheit eben erst wieder hergezogen, vor fünf Jahren. - Woher? - Aus Israel. - Was, aus dem schönen Land? Wo wohnten Sie denn? - In Ashdod. Ich konnte den ständigen Raketenbeschuß aus Gaza nicht mehr ertragen."

Der Bus kommt pünktlich. Wir steigen ein. "Welches Sternzeichen sind Sie? - Zwilling. - Das habe ich vermutet. Ich bin auch Zwilling. Wann? - Am 29. Mai, bin eben 70 Jahre alt geworden. - Ich am 7. Juni, bin Jahrgang 1937." Der Bus hält an der Julius-Leber-Brücke. "Sie müssen jetzt aussteigen, ich fahre noch weiter." Ich gebe ihr meine Visitenkarte. "Auf Wiedersehen!"

Nächstes Jahr in Jerusalem?