15. Juni 2013

Iran. Hassan Rouhani = Mohammad Khatami 2.0


Vier Jahre sind vergangen, und es weht  nicht wie 2009 ein merkwürdiger Wind der Freiheit bei der Ankunft von Reisenden aus dem Westen. Von Navid Kermani ist ebenfalls nichts zu vernehmen.

Daniel Pipes hat sich vor vier Jahren gewünscht, daß der schlimmste Kandidat im Iran die Wahlen gewinnt. Man brauchte es nicht zu wünschen, bei einem Überblick über die Kräfteverhältnisse in Stadt und Land ergibt sich eine Mehrheit für die dem Islam und, in seiner Verkörperung, dem Ali Khamenei Unterworfenen. Mahmud Ahmadinejad ist zu der Zeit dessen Kandidat, also gewinnt er. Im Artikel Iran. Woher kommen die Stimmen für Mahmud Ahmadinejad? habe ich die Rechnung aufgemacht. Gegen den Willen des politischen und religiösen Führers des Iran gewinnt keiner. Nur Träumer oder sonstige Realitätsverweigerer können es anders sehen. Die haben reichlich Konjunktur bei deutschen und anderen europäischen Medien. Der arme Nejad wird des Wahlbetruges geziehen, obgleich er den nicht nötig hat. Im Artikel Iran. Auf dem Weg in eine neue islamische Revolution: Allahu Akbar kann man über Ideologie und Illusionen unserer Eliten nachlesen [nicht mehr online]. Ephraim Kam faßt es im israelischen INSS wissenschaftlich zusammen: The Outcome of Iran´s Presidential Elections.

Ein Beispiel ist Mariam Lau, Iranexpertin durch Geburt. Sie meint in der WELT, vom 19. Juni 2009, Ayatollah Ali Khamenei habe seinen eigenen Untergang besiegelt. Aus dem Protest gegen den Wahlbetrug sei "eine Bewegung gegen die paramilitärische Seite der Islamischen Republik selbst geworden." Da sind wir aber immer noch, könnte man mit dem Oktoberklub der DDR singen, und da geht es nur um den Sozialismus, der sich 40 Jahre in einem Teil Deutschlands gehalten hat. Der Islam, hier Marke Schia, aktiv seit dem 7. Jahrhundert, steckt viel tiefer in den Unterworfenen als National- und Internationalsozialismus jemals. Bei einigen Islaminterpreten kann frau davon ausgehen, daß sie der Politideologie Islam zuneigen, vielleicht, ohne sich dessen bewußt zu sein, einmal Muslim, immer Muslim.

Nun geht alles wieder von vorn los. Al-Guardian stellt die Frage, ob Saeed Jalili ein Gesalbter ist oder ein Buhmann. Es wird für möglich gehalten, daß Saeed Jalili aufgestellt sein könnte, um die Wähler in Scharen dazu zu bringen, den einzigen als moderat geltenden Kandidaten zu wählen: Alle sind begeistert von Hassan Rouhani, wo immer er spricht, Hassan Rouhani bringt Leben in den Wahlkampf, begeistert sich das daftar-e Tehran des Blattes.

Daniel Pipes ist diesmal für den Atomwaffenunterhändler Saeed Jalili, den Hardliner, und nicht für den milder redenden Hassan Rouhani, aber diesmal gibt es keinen Mir Hussein Moussavi, keinen Mehdi Karoubi, heuer wird der Wahlprozeß abgekürzt. Hassan Rouhani gewinnt bereits im ersten Durchgang mit 50,68 Prozent der abgegebenen Stimmen. Das soll aber die westlichen Medien nicht hindern am Kaffeesatzlesen, sogar Georges Malbrunot macht mit. Wie das mit dem moderaten Hassan Rouhani tatsächlich aussieht steht im Kleingedruckten, im Text unter der Riesenüberschrift.

Dabei ist es einfach, nun kommt wieder die Variante Mohammad Khatami, Präsident von 1997 bis 2005. Schon vergessen? Er iniitiert die "Allianz der Zivilisationen", zur friedlichen Islamisierung des Westens. Mohammad Khatami unterstützt Hassan Rouhani. 

Der islambegeisterte britische Independent sieht einen moderaten Präsidenten, einen reformistischen Kandiaten als Sieger, keinen Reformer, frau muß schon genau hinsehen. Einen anderen Sieger kann sich der Iran bei der herrschenden politischen Großwetterlage nicht leisten, es ist zu viel sunnitischer "arabischer Frühling" seit 2009. Hassan Rouhani sei kein Reformer, stünde denen aber nahe, meint Martin Gehlen in der ZEIT: Der Iran wählt die Veränderung. Die Kommentatoren zeigen mehr Sinn für Tatsachen. 72,5 Prozent der 50 Millionen Wahlberechtigten haben gewählt, und sicherlich wollen von ihnen die meisten Veränderung, aber sie wird nicht kommen, so lange der Iran von religiösen Führern regiert, ausgeplündert und gegen die Sanddüne gefahren wird. Die Agonie wird sich länger hinziehen.

ZEIT-Kommentator 3. Antigen bringt es um 18:11 Uhr auf den Punkt: "Falsche Hoffnungen. Ich kann mich erinnern, dass auch bei der Wahl von Chatami die Hoffnungen groß waren. Nein, solange nicht die Herrschaft der Ayatollas abgeschafft wird, solange wird sich auch nichts substanzielles im Iran ändern. Es braucht eine Revolution, keine Evolution."

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!